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Prolog


Taulin lauschte angestrengt in die Dunkelheit. Seitdem er von wütenden Nachtalben verfolgt wurde hat sich sein Leben anscheinend gründlich verändert. Denn Nachtalben sind erfahrungsgemäss äusserst nachtragend. Wer konnte auch schon wissen, dass er ausgerechnet heute schon wieder soviel Pech haben würde. Gerade als er sich klammheimlich den Schlüssel zur Truhe mit den Schätzen der Nachtalben aneignen wollte, knackst dieser Zweig unter seinen Füssen. „Verdammt“ dachte sich Taulin noch, aber da war es schon zu spät. Die Wache der Alben war doch so aufmerksam, dass ihr das Geräusch, das in der Stille des trockenen Waldes nicht entgangen war. Schon blies der grossgewachsene Nachtalb sein Horn und im Lager herrschte blitzschnell Aufregung. „Naja – und jetzt bin ich auf der Flucht“ dachte der kleingewachsene, diebische Halb-Elf Taulin, während er sich noch dichter hinter den Busch, der sein momentanes Versteck bildetet, kauerte.

Aufgeregte, laute Schreie der Nachtalben hörte er - und mit Erleichterung stellte er fest, dass sich der Tumult von ihm entfernte. Vorerst war sein Leben wohl gerettet. Doch wie sollte es nun weitergehen ? Dieses lästige Albenvolk würde ihn verfolgen bis ans Ende seiner Tage, dessen war er sich sicher. Weiter lauschend kreisten Taulins Gedanken um sein Schicksal. Immer mehr Verzweiflung umnebelte seine Gedanken - zuviel war in der letzten Zeit einfach nicht so in Erfüllung gegangen, wie es sollte. Angefangen hat alles mit der Vertreibung aus dem Elfenwald. Dabei wollte ich den goldenen Ring des Hochelfen Druin wirklich nur ansehen - gut, ein wenig genauer und vielleicht ein wenig länger - aber ich hätte den Ring niemals gestohlen. NIEMALS. Und dass ich mir von dem Bauern drei Eier genommen habe - wer will mir das verwehren. Soll ich verhungern ? Aber dieser uneinsichtige Knecht, dieses Menschenwesen, wirklich keinerlei Einsicht. Dafür aber eine gehörige Portion Prügel. Stark sind ja diese Menschenwesen, mich schmerzt immer noch mein Hinterteil. Und jetzt dieses Missgeschick mit den Nachtalben. Ich brauchte doch die Schätze. Mit diesem Grundstock hätte ich nach Tar’ Ant ziehen können und in Frieden leben.

Eine Welle Selbstmitleid überkam Taulin. Lange genug träumte er davon in Tar’ Ant, der goldenen Hauptstadt des Reiches Cammuoria, zu leben. Und jetzt - aus und vorbei. Innerhalb der Grenzen des Reiches konnte er unmöglich bleiben. Eine Flucht nach Granol’ Ur, dem Zwergenreich, wäre zwar sicher, weil sich Nachtalben und Zwerge überhaupt nicht ausstehen können. Aber Taulin beschloss, dass Elfen dort nicht leben können. Ein richtiger Elf braucht Licht, die Weite, das sanfte Rauschen der Blätter. Ein Leben in den verzweigten, dunklen Höhlen der Zwerge, das ist nichts für mich resümierte Taulin. In die Wüste fliehen war genauso unmöglich. Keiner kam je lebend von dort zurück. „Dann kann ich gleich hier bleiben“ flüsterte Taulin leise vor sich hin. Auch die Völker des freien Seenbundes Sidratho waren nicht besser. Seltsame Geschöpfe lebten dort von denen man noch seltsamere Geschichten hörte. Und so richtig liebhaben wird man Halb-Elfen hier auch nicht.
Er fand, dass sich die Nachtalben jetzt weit genug von seinem Versteck
entfernt haben, spähte noch einmal angestrengt in die Richtung der Geräusche und begann - immer darauf achtend, dass nicht wieder ein Zweig ihn verriet - vorsichtig und leise seinen Rückzug, dichter in den Schattenwald hinein. 

Als er sich sicher fühlte, hielt Taulin Ausschau nach einem Nachtlager. Spätstund war schon längst vorbei - und wahrlich - es war ein anstrengender Tag gewesen. Hinter der Brombeerhecke, gleich am Waldrand war eine kleine Kuhle, in die noch ein wenig trockenes Gras zur Polsterung legte, und sich dann hineinkuschelte. Missmutig pflückte er ein paar von den gerade reifen Beeren um wenigstens das gröbste Magenknurren zu besänftigen. Bald schlief er trotz des unbequemen Lagers ein, denn der anstrengende Tag forderte auf von ihm seinen Tribut.
 


Taulin trifft den Hüter der Lichtpforte
Taulin geht nach Tar' Ant

(C) by Claus Meurer